Gedankenspiele #14 - Vision oder Illusion?

Für meine Homepage möchte ich meine Vision ausformulieren.

Was möchte ich erreichen mit meiner Arbeit? Nicht nur für mich, nicht nur für die einzelnen Teilnehmenden. Gesellschaftlich!

Was ist meine Idee von dem Großen Ganzen hinter diesen einzelnen Begegnungen und Wegen, die ich gemeinsam kurz mit einzelnen beschreite?

 

Und es fällt mir so schwer.

 

Ich habe Ideen dazu. Natürlich. Aber es fällt mir im Moment so schwer, sie aufzuschreiben. Es scheint so sinnlos. Die Welt brennt und wird zeitgleich überflutet. Kriege, Krisen, Klima. Ich muss das nicht näher ausführen. Ihr wisst Bescheid.

 

Ich ziehe mich im Moment sehr in mein „Privates“ zurück. Habe mich durch mein Abschlussprojekt des ersten Ausbildungsjahres zur kreativen Leibtherapeutin viel mit dem Thema Wurzeln beschäftigt. Das schenkte mir zweierlei. Ein Kribbeln in den Füßen und eine größere innere Ruhe. Das genieße ich sehr und ich bin dankbar, dass ich in diesen Zeiten auf einmal – quasi gerade rechtzeitig – einen sicheren Job habe. Einen Job, in dem ich mich dennoch mit mir wichtigen gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen kann. Gewaltfreie Schulen zu gestalten.

 

Aber ist diese Ruhe nun eine gesunde, wertvolle Ruhe? Ist es gut, dass ich endlich mal richtig gerne zuhause bin und mit mir und meinem Zimmerchen zufrieden? *

Oder ist das ein Zurückziehen aus der Verantwortung da draußen? Ist es ein hübsch gemütliches Dasein auf der Couch, getarnt in „innere Ruhe gefunden“ und ein Ausblenden all dessen, was sich gerade bedrohlich zusammenbraut?

 

Visionen für eine wirkungsvolle Zukunft. Das war von Beginn an mein Herzensthema in meiner Arbeit als Trainerin und Beraterin. Sogar mein allererstes Seminar befasste sich mit aktiver Zukunftsgestaltung. Menschen dazu ermutigen, sich ihre Visionen für sich und für die Gesellschaft auszumalen und Schritte zu planen, um dieser Vision immer ein Stückchen näher zu kommen.

Und jetzt will ich meine eigene aufschreiben – habe sie schon viele Male zuvor formuliert – und auf einmal stellt sich mir die Frage: Ist das wirklich eine Vision, oder ist es eine Illusion? Kann ich mich, kann mich irgendjemand in diesen Zeiten damit noch ernst nehmen? Bis wohin geht die Zukunft und wo hört sie (unweigerlich?) auf? Und welche Szenarien sind da überhaupt noch wirklich vorstellbar?

 

Und dann gehe ich schnell wieder raus aus meinem Kopf. Rein in eine fiktive Welt der Serien und Filme. So kamen nun auch schon sehr, sehr lange keine Gedankenspiele mehr zustande. Wie auch, wenn ich meinen Kopf immer lieber schnell wieder verlasse und mich entspannt auf mein Kribbeln in den Füßen besinne.

Doch dieses Kribbeln in den Füßen will mich ja eigentlich zur Bewegung verführen. Meine Füße wollen irgendwohin. Mein Körper – seit zwei Wochen krank im Bett – will Bewegung, Rührung.

 

Ohne Vision wissen meine Füße aber nicht, wohin sie mich tragen sollen und so liegen sie oben, auf weichen Kissen und die Bewegung, die ihnen folgen sollte, steckt fest zwischen dem inneren Druck, etwas tun zu wollen, ja, zu müssen und dem Nichtstun durch Richtungslosigkeit, durch (vermeintliche?) Vergeblichkeit.

 

Vielleicht liegt es auch daran, dass ich krank bin und gerade nicht spüre, ob ich eine Wirkung erziele. Vielleicht habe ich auch einfach eine Heidenangst, dass meine Art des Arbeitens im Bereich Schule nicht ernst genommen wird und dass ich irgendwann einfach nur ein wirkungsloses Rädchen im großen Ganzen sein werde, das es nicht geschafft hat seiner Vision zu folgen und diese auch real sichtbar werden zu lassen. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich zum ersten Mal seit 20 Jahren nur einen Job habe und nicht permanent von A nach B hetze und sich das irgendwie seltsam anfühlt.

 

Doch in Bewegung will ich kommen. So oder so. Nicht zurück zum stetigen Hetzen, das ja dem Nichtstun an Passivität in nichts nachsteht. Ich will es schaffen, meine Visionen in Wirklichkeit zu verwandeln, oder ihnen zumindest immer näher zu kommen.

 

Denn dieses Kribbeln in den Füßen soll nicht völlig ohne Wirkung verklingen irgendwann.

 

 

*(zumindest meistens, denn zu zweit wäre ein Zimmerchen mehr schon schön ;-)